2018-12-10 Westenträger

ja, ich bin ein bekennender Westenträger. Seit Jahren. Bislang war das Westentragen aber eher der schützenden Wärme am Rücken geschuldet. Das Aufkommen der „gelben Westen“  der „gilets jaunes“ von Frankreich her hat mich allerdings an 2 besondere Gründe des Westentragens in den letzten Jahren erinnert.

Die irische Weste

Zum einen habe ich mir vor einigen 6,7,oder acht Jahren, ich weiß es nicht mehr so genau, auf einem Gartenkunstmarkt in Nienburg eine original irische Weste gekauft. Es war so etwas wie „liebe auf den ersten Blick“. Obwohl ich es mir damals wirklich nicht leisten konnte, hat mich die Liebe meines Lebens dazu überreden können, diese Weste doch zu kaufen. Sie wurde mit den Jahren zu einem unverzichtbaren Bestandteil meiner täglichen Kleidung im Winter und in den Übergangsjahreszeiten. Woher kommt dieses Faible für die Weste?

Wir waren 2004 das erste Mal in Irland und haben diese wunderschöne Insel und die so sympathisch aufgeschlossenen Menschen dort kennengelernt. Es fing schon an mit dem Hinflug. Ryan Air zu den Anfangszeiten des Billigfliegens war etwas anderes als heute. Es waren die ersten Gelegenheiten für uns dieses lang ersehnte Reiseziel für einen erschwinglichen Preis schnell zu erreichen. Auf dem Flug kamen wir in ein nettes Gespräch mit einem Deutsch-Iren, der uns nach dem Ziel und Grund des Fluges fragte. „Kurzurlaub in Dingle, das ist gut für Euch. Da raucht Ihr Euch keine großen Gedanken machen. Es kostet,was es kostet….“ erklärte er uns bedeutungsvoll mit einem breiten Lächeln. Und so war es dann auch. Was uns aber noch mehr beeindruckte war die Wissensbegierde der Iren mit denen wir damals ins Gespräch kamen und die uns nach den Ursachen für das Gelingen der „unblutigen“ Wiedervereinigung von Deutschland geradezu ausfragten.

Trotzdem waren die Iren bei einem Referendum 2008 über die weitere Mitgliedschaft in der EU so mutig und haben es im ersten Wahlgang durchfallen lassen. Ich meine mich zu erinnern dass wir bei unserem Urlaub 2008 in Irland Zeuge waren dass jeder Haushalt vor der Stimmabgabe eine Druckausgabe der „Lissabonner Verträge“ erhielt. Ich hatte auch solch eine Ausgabe in den Händen und habe vollkommen verstanden, dass die Iren diesem unverständlichen Paragraphenwerk ihre Zustimmung verweigerten. Aber im Gegensatz zu uns Deutschen wurden die Iren von ihrer Regierung in die Entscheidung einbezogen. Und sie haben dann auch zugestimmt in einem zweiten Referendum.

Dass dann in der kurz darauf folgenden Staats-und Bankenkrise herauskam, dass gerade die Iren in einigen Bereichen ihrer Wirtschaft und ihres Staates weit über ihre Verhältnisse  heraus gelebt hatten, hatte zur Folge, das sie in den darauffolgenden Jahren unter dem europäischen Rettungsschirm (auch eine Art „Weste“) sehr sehr eingeschränkt ihre Hausaufgaben erledigen mussten. Aber sie wussten immer wofür sie das taten und dass die Belohnung dafür im Frieden (mehr als nur ein „Waffenstillstand“) zwischen Irland und Nordirland bestand.

Daher trage ich meine irische Weste gerne mit einer gewissen Genugtuung und habe sie zwischenzeitlich auch von einer russischen Näherin am kaputten Innenfutter reparieren lassen. Volks- und Völkerverständigung geht manchmal seltsame Wege….

Die „Gelbwesten“ im Auto

letztes Jahr waren wir zusammen mit der Familie unseres ältesten Sohnes unterwegs nach Frankreich nach Royan am Atlantik. Da unser damals 1 jähriger Enkel Carlo mitfuhr sind wir abends losgefahren und durch die Nacht überwiegend auf Bundesstraßen Richtung Atlantik gefahren.  Am frühen Morgen um ca. 4.00 Uhr auf der  zweispurigen E603 kurz vor Angoulème kamen wir kurz nach einem Fahrerwechsel an eine ungesicherte Unfallstelle in einer abschüssigen 2 spurigen Rechtskurve. wir sind auf den Standstreifen gefahren und haben die Warnblinkanlage eingeschaltet. In dem Moment kommt von hinten ein LKW mit 90-100kmh  sieht dass die rechte Spur von Unfallfahrzeugen blockiert ist bremst kurz und heftig herunter so dass ein nachfolgend dicht aufgefahrener PKW auffährt. Der LKW merkt davon nichts und fährt weiter dann mit ca. 60km/h weiter. Das nehmen wir zum Anlass dass ich sofort die Warnweste  (gilet jaune)  anziehe meinen Sohn bitte  auf dem Standstreifen ca. 200 m nach der Unfallstelle zu fahren  um aus der Gefahrenzone zu sein um dann auch mit gelber Weste zu mir zu kommen . Ich bin dann gleich mit meiner Smartphonelampe heftig winkend hinter der Leitplanke dem Verkehr entgegengegangen um ihn vor der nicht erkennbaren Gefahr zu warnen. Mein Sohn ist mit seiner Lampe und Weste ebenfalls nachgekommen. So haben wir bis die Polizei nach ca. 20 min. eingetroffen ist sicher einige weitere Nachfolgeunfälle verhindern können. Und wir wurden von der Polizei und den direkt Unfallbeteiligten nicht beschimpft und nicht festgehalten und nicht in irgendwelche rechten und linken Ecken eingeordnet. Nein nachdem wir erklärt haben, dass wir nicht direkt unfallbeteiligt waren und auch den Unfall selbst nicht bezeugen konnten haben sie uns unter einem „merci beaucoup“  verabschiedet und ohne Formalitäten ziehen lassen…..

Gelbe Westen sind für mich seither immer im Auto absolut griffbereit um als Warnsignal mich selbst und andere schützen zu helfen.

 

 

Über thomrosenhagen

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